
Hospitality Insight
Zwischen Marke und Individualität: Wie White-Label-Betreiber die Hotellerie beeinflussen
May 2025
White-Label-Betreiber spielen eine immer bedeutendere Rolle in der Hotellerie in Deutschland. Doch was steckt hinter diesem Konzept, und welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich daraus für die Branche? Wir beleuchten die wichtigsten Entwicklungen und deren Auswirkungen auf den Markt.
Was sind White-Label-Betreiber?
White-Label-Betreiber sind spezialisierte Dienstleister, die Hotels im Auftrag von Investoren betreiben, ohne dabei eine eigene Marke in den Vordergrund zu stellen. Als Franchisenehmer globaler Hotelgruppen fungieren sie dabei als Bindeglied zwischen Immobilieneigentümern – häufig institutionelle Investoren – und den international agierenden Hotelketten wie Radisson, Wyndham oder IHG. Dabei übernehmen sie die operative Verantwortung für die Hotels und stellen sicher, dass interne Prozesse sowie Dienstleistungen den Markenstandards der jeweiligen Hotelkette entsprechen. Gleichzeitig gehen sie auf die Anforderungen der Investoren ein, indem sie langfristige Pachtverträge abschließen, die Stabilität und Planbarkeit bieten.
Welche Vorteile bieten White-Label-Betreiber?
Aus Sicht von Investoren ermöglicht diese Struktur, von der Expertise der globalen Hotelketten zu profitieren und gleichzeitig Zugang zu deren internationalen Reservierungs-, Verkaufs- und Kundenbindungsprogrammen zu erhalten, ohne selbst operativ tätig werden zu müssen. Darüber hinaus können sie weiterhin, die in Deutschland vorwiegend vorzufindenden Pachtverträge abschließen, was finanzielle Sicherheit und langfristige Stabilität gewährleistet.
Doch auch weitere Faktoren tragen zur Popularität der White-Label-Betreiber bei. Durch die flexible Gestaltung der Vertragsvereinbarungen haben individuell geführte Hotels die Möglichkeit, ihre einzigartigen Merkmale zu erhalten und gleichzeitig die Mindestanforderungen der Marke einzuhalten. Durch die Zentralisierung von Dienstleistungen wie Revenue Management, Verkaufsunterstützung und Reservierungssystemen können White-Label-Betreiber die Effizienz der einzelnen Hotels steigern. Dies führt zu Kosteneinsparungen und potenziell höheren Gewinnen für Hoteleigentümer.
Aus Sicht der Franchisegeber – der Hotelketten – bietet das Modell der White-Label-Betreiber die Möglichkeit, schnell in neue Märkte einzutreten. Sie können Management und Marke gegen Franchisegebühren an einen Betreiber übertragen, ohne selbst direkt in eine operative Struktur investieren zu müssen. Dadurch lassen sich mit sehr beschränktem Risiko neue Standorte erschließen und das Markenportfolio strategisch erweitern.
Betrachtet man den Markt als Ganzes, fördert die Dynamik, die durch die Vielzahl an White-Label-Betreibern entsteht, den Wettbewerb. Dies treibt Innovationen voran, erweitert die Vielfalt des Angebots und hebt die Qualitätsstandards, wovon letztendlich vor allem die Hotelgäste profitieren.
Welche Herausforderungen bringen die White-Label-Betreiber mit sich?
Die zunehmende Anzahl an White-Label-Betreibern auf dem deutschen Hotelleriemarkt bringt unterschiedliche Herausforderungen für den Markt als auch für die Hotelketten mit sich:
Insbesondere wenn wenige White-Label-Betreiber einen großen Anteil des Marktes beherrschen und demnach eine bessere Verhandlungsposition gegenüber der Hotelketten haben, besteht die Gefahr, dass die Hotelketten auf diese wenigen White Label Betreiber angewiesen sind und damit in Abhängigkeit dieser rutschen.
Außerdem besteht das Risiko, dass White-Label-Betreiber mit zunehmender Erfahrung und dem Ausbau eigener Investorenbeziehungen, Franchiseverträge umgehen und eigene Hotelmarken etablieren. Dies könnte den Wettbewerbsdruck sowohl unter den White-Label-Betreibern als auch für die Franchisegeber erheblich verstärken.
Fallbeispiel: Novum Hospitality
Ein bekanntes Beispiel hierfür ist Novum Hospitality. Ursprünglich als White-Label-Betreiber tätig, baute das Unternehmen enge Beziehungen zu Investoren auf, die stark an einer Expansion interessiert waren Im Jahr 2017 entschied sich Novum dann mit „the niu“ seine eigene Hotelmarke zu entwickeln; dadurch konnte das Unternehmen seine Immobilien fortan eigenständig betreiben und die Abhängigkeit von Franchiseverträgen mit großen Hotelketten erheblich reduzieren. Im April 2024 ruderte Novum jedoch wieder zurück und gab schließlich eine Kooperation mit der InterContinental Hotels Group (IHG) bekannt, welche die Übernahme von mehr als 100 Hotels in den Bestand von IHG umfasst. Fortan werden diese Hotels als Co-Branding unter dem Namen „Holiday Inn – the niu“ weitergeführt. Auch wenn Novum damit von der globalen Reichweite und Bekanntheit von IHG profitiert, bedeutete dieser Zusammenschluss für das Unternehmen, dass sie von nun an wieder als Franchisenehmer einen (kleinen) Teil Ihrer Unabhängigkeit abgeben und sich erneut durch einen Franchisevertrag an die Markenstandards von IHG binden.
Fallbeispiel: HR-Group
Im Gegensatz zu Novum ist es der HR Group International mit ihrer dynamischen Wachstumsstrategie der letzten Jahre gelungen, ihre Präsenz auf dem Hotelmarkt zu erweitern und weiter zu wachsen. Die Expansionspolitik begann im Dezember 2019 mit der Übernahme von 16 Mövenpick Hotels in Deutschland. Nur zwei Jahre später wurde die Übernahme weiterer 23 Hotels der österreichischen Vienna House Hotelgesellschaft in das Portfolio der HR-Group bekanntgeben, wobei die Marke Vienna House im selben Zug an Wyndham Hotels & Resorts verkauft wurde. Dabei handelt es sich um ein klassisches „Sales & Lease back“-Geschäft, wobei nun die HR-Group einerseits die Häuser der einstigen Vienna House Hotelgesellschaft im Portfolio hat, andererseits diese unter einer Marke betrieben werden, die unter optimierten Bedingungen an eine Hotelkette verkauft wurde. Für die HR-Group als White-Label-Betreiber steht dabei weniger die Marke im Fokus als vielmehr die Pachtverträge selbst – vorausgesetzt, die Markenstandards und Franchisebedingungen entsprechen den Anforderungen des White-Label-Betreibers. Im Jahr 2022 erweiterte die HR Group ihr Portfolio durch die Übernahme der Success Group, die mehr als 20 Hotels in Deutschland sowie weitere Projekte in Deutschland, Österreich und Belgien umfasste. Im selben Jahr übernahm das Unternehmen auch das Management von 23 Hotels der Hotelgruppe Amedia. Die internationale Expansion wurde im Mai 2024 mit dem Erwerb von Anteilen an U Global vorangetrieben. Nur einen Monat später, im Juni 2024, folgte die Übernahme von 34 Hotels (darunter zwei Entwicklungsprojekte) der Centro Hotel Group, wodurch das Portfolio um mehr als 2.800 Zimmer erweitert wurde. Heute zählt die HR Group zu den führenden Multi-Brand-Betreibern in Europa. Mit 167 Hotels, rund 30.000 Zimmern und 28 verschiedenen Marken ist sie der größte Multi-Brand-Operator auf dem europäischen Markt.
Was ist der Hintergrund dieser Expansion?
Wenn ein White-Label-Betreiber seine Expansion kontinuierlich vorantreibt, um schrittweise Marktanteile zu gewinnen und dadurch seinen Umsatz zu steigern, verbessert er zugleich seine Verhandlungsposition gegenüber den großen Hotelketten. Durch seine wachsende Marktpräsenz erlangt er nicht nur eine stärkere wirtschaftliche Durchsetzungskraft, sondern auch erheblichen Einfluss auf Investoren. Diese strategische Positionierung verschafft ihm einen entscheidenden Hebel in Verhandlungen.
„Eine solche Konsolidierung weniger großer White-Label-Betreiber ist aus Sicht der Hotelketten ein weniger wünschenswertes Szenario, da dies den Druck auf die Marken erhöht. Besonders wenn es sich dabei um einen White-Label-Betreiber handelt, der sich vor allem auf eine Marke konzentriert oder wenn sich verschiedene White-Label-Betreiber zu einem Verband zusammenschließen, wie das in Frankreich der Fall war bei zahlreichen Betreibern der Ibis Hotels“ erläutert Michael Schnürle, Senior Consultant bei Horwath HTL DACH.
Der Vorteil eines solchen Zusammenschlusses liegt darin, dass sich ein White-Label-Betreiber vollständig mit einer Marke identifizieren kann und seine Hotels konsequent auf die Zusammenarbeit mit dieser ausrichtet. Dies stellt sicher, dass die Markenidentität gewahrt bleibt und aus Sicht der Gäste keine Verwässerung des Markenerlebnisses erfolgt.
Wie wird sich der Hotelmarkt entwickeln?
Grundsätzlich wird erwartet, dass der Anteil der Markenhotels in Deutschland weiter zunehmen wird, was zusätzliche Wachstumschancen für White-Label-Betreiber bietet. Dennoch stehen auch White-Label-Betreiber wie Novum oder die RIMC Hotels & Resorts vor der Herausforderung, ihr international gewachsenes Portfolio in der Zeit nach der Pandemie nachhaltig zu stabilisieren und strategisch weiterzuentwickeln.
Im Gegensatz zu Novum, die sich wie oben beschrieben auf eine Kooperation mit IHG gestützt haben, setzte RIMC Hotels & Resorts auf eine Anpassung Ihres Portfolios. Das Unternehmen wurde 1990 gegründet und hat sich seitdem als international tätiges Hotelmanagement-Unternehmen etabliert und konnte bis heute über 200 Hotelprojekte weltweit realisieren. Im Laufe der Jahre hat sich das Unternehmen als White-Label-Betreiber positioniert und arbeitet mit Marken wie Marriott, Radisson und Hilton zusammen.
RIMC forcierte eine kontinuierliche Expansionsstrategie, nach der Covid-19-Pandemie folgte jedoch ein rufschädigender Gesellschafterstreit, der mit der Entlassung einiger Mitarbeitenden, der Insolvenz einer Tochtergesellschaft sowie einer Bereinigung des Portfolios einherging. Derzeit betreibt RIMC über 30 Hotels, darunter neun in Deutschland.
Neben den „Big Playern“ unter den White-Label-Betreibern in Deutschland wie die HR-International Group, Novum Hospitality oder lange Zeit auch die RIMC Hotels & Resorts gibt es eine Vielzahl an kleinen White-Label-Betreibern. Diese betreiben oft nicht nur Markenhotels, sondern auch kleinere, unabhängige Hotels und haben meist einen Bezug zur Region.
Aus Sicht der Hotelketten bieten diese lokalen, kleineren White-Label-Betreiber auf Grund der Zerstreuung ein weitaus geringeres Risiko, sich auf Grund ihrer Machtposition selbstständig und damit zur Konkurrenz der Ketten selbst zu machen. Im Gegensatz zu den großen Anbietern, die ihre Marktmacht nutzen können, um ihre eigenen Marken zu etablieren, sind kleinere Anbieter nach wie vor stärker auf Franchiseverträge und Partnerschaften mit etablierten Ketten angewiesen.
Wie wirkt sich diese Entwicklung auf den Markt aus?
Doch welche Auswirkungen hat die wachsende Zahl an White-Label-Betreibern – ob große oder kleine – auf den Markt insgesamt und insbesondere auf kleinere, individuell geführte Hotels?
Durch diversifizierte Angebote und die Integration starker Marken in ihren Portfolios beeinflussen die White-Label Betreiber die regionalen Tourismusmärkte stark und schaffen gerade für traditionelle und familiengeführte Hotels einen intensiven Konkurrenzdruck.
Zudem können White-Label-Betreiber Skalenerträge nutzen, die sie noch wettbewerbsfähiger gegenüber privaten Hotels machen. Um damit konkurrieren zu können, müssen Privathotels ihre Dienstleistungen proaktiv verbessern, sich durch einzigartige Angebote differenzieren und sich kontinuierlich an die sich ändernden Bedürfnisse der Gäste anpassen.
Die Präsenz von White-Label-Betreibern im Markt erhöht zudem die Standards in der Hotellerie und bietet immer neue und bessere Gästeerlebnisse. Ihre starken Markenportfolios beeinflussen die Wahrnehmung und die Vorlieben der Reisenden, da sich die Gäste bei der Wahl ihrer Unterkunft zunehmend für anerkannte und seriöse Marken entscheiden.
Um effektiv zu konkurrieren, müssen traditionelle Hotels ihre eigenen Marken strategisch positionieren, Gästebindung aufbauen und unvergessliche Erlebnisse schaffen, die sie von den gebrandeten Angeboten der White-Label-Betreiber abheben.
Fazit: Wachsender Einfluss und neue Herausforderungen in der Hotelbranche
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Bedeutung von White-Label-Betreibern auf dem deutschen Hotelleriemarkt weiter wachsen wird – sei dahingestellt ob nun wenige große oder viele kleine White-Label-Betreiber den Markt letztendlich dominieren werden. Letzteres wäre aus Sicht der Marken jedoch die wohl zu favorisierende Option.
So gilt dennoch, dass das Modell der White-Label-Betreiber die Vorteile langfristiger Pachtverträge, die in Deutschland stark bevorzugt werden, mit den Ressourcen und Netzwerken großer Hotelketten verbindet. Gleichzeitig bringt die zunehmende Verbreitung von White-Label-Betreibern einen verschärften Wettbewerb mit sichund stellt insbesondere kleinere, unabhängige Hotels vor große Herausforderungen, sich am Markt zu behaupten.
Grundsätzlich treibt jedoch dieser Konkurrenzdruck die Branche an, kontinuierlich in Qualität, Service und innovative Konzepte zu investieren, um sich erfolgreich zu differenzieren und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
In diesem Spannungsfeld agieren White-Label-Betreiber als Vermittler, die nicht nur Investoren und Hotelketten zusammenbringen, sondern auch die Wettbewerbsdynamik beleben. Ihre Rolle ist entscheidend dafür, die Hotellerie in Deutschland zukunftsfähig und vielfältig zu gestalten, indem sie sowohl die Ansprüche der Gäste als auch die wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten miteinander in Einklang bringen.